Kinotour ab 17. November im Kino Downloads ab 17. November im Kino

Gespräch mit Dr. Petra Anwar

Dr. Petra Anwar

Dr. Petra Anwar ist Palliativärztin in Berlin. Sie begleitet im Film Frank Lange und dessen Familie in seiner letzten Lebensphase.

Sie wollten Ihren Beruf von Anfang an?

Ja, ich wollte Ärztin werden, und ich wollte in die Onkologie. Vielleicht lag es daran, dass ich als Kind miterlebt habe, wie Menschen in unserer Familie an Krebs gestorben sind. Es war ein harter Tod. Die Hilflosigkeit war schlimm, es gab keine Unterstützungsmöglichkeiten.

Und Sie können helfen?

Es kommt darauf an, wie Sie das meinen. Ich kann sicher keine Patienten heilen, aber ich kann ihre Symptome lindern und ihnen wieder ein Stück Lebensqualität und Sicherheit schenken. Ich kann ihnen die Schmerzen lindern, viele andere Symptome deutlich verbessern und die Angst nehmen. Meist haben die Menschen keine Angst vor dem eigentlichen Tod, sondern vor dem Weg dorthin.

Ich glaube, dass der Sterbeprozess etwas sehr Intimes ist und sich jeder Mensch wünscht zu Hause im Kreis seiner Familie, begleitet von Freunden, zu sterben. Auch die Familienmitglieder und Freunde können sich mit dem Tod in diesem Umfeld besser versöhnen. Ich finde es wichtig, dass ein Mensch im Frieden von dieser Welt gehen kann, und man als Angehöriger sich an einen »schönen Tod« erinnnern kann, der einem vielleicht auch selbst die Angst vor dem eigenen Tod nimmt. Unsere Krankenhäuser sind mit ihrer Anonymität, ihrem Personalmangel etc keine Orte für friedliches und würdevolles Sterben.

Der anonyme, beinahe industriemäßige Tod, der in den Krankenhäusern gestorben wird, war Ihnen schon immer verdächtig, selbst als Sie noch im Krankenhaus arbeiteten?

Ja, damals schon. Es gab immer Menschen, die nach Hause gehen wollten, als klar war, dass keine Heilung möglich sein würde. »Austherapiert«, nennen das die Mediziner. Ich habe solche Patienten, so gut es ging, darauf vorbereitet. Aber nach zwei Tagen waren sie wieder da.

Andreas Dresen sagt, Sie kommen wie ein Engel in seinen Film. Nur waren Sie ein höchst unwilliger Engel. Sie haben mit ihm während der Vorbereitung gesprochen, aber mitmachen wollten Sie auf keinen Fall.

Ich bin Ärztin, nicht Schauspielerin. Das sind verschiedene Dinge.

Aber bei Dresen nur graduell.

Ich hab schließlich auch kapituliert und gesagt: Ich vertraue Euch. Andreas Dresen hat mich überzeugt, dass es ein Film wird, in dem eine intensive und realistische Auseinandersetzung mit dem Thema »Tod und Sterben« stattfindet, und er selbst mit sehr, sehr viel Gefühl dabei ist. Das war für mich beeindruckend und ausschlaggebend. Außerdem musste ich keine Rolle spielen, sondern durfte ich selber sein. Ich konnte also Petra Anwar sein.

Kommen Sie als guter Engel, wenn Sie zu Sterbenden kommen?

Sehe ich so aus? Aber als Mensch, Wegbegleiter, Freund, Ratgeber und als Schulter zum Anlehnen und Weinen. Ein guter Arzt führt. Ein guter Arzt entscheidet mit dem Patienten und der Familie zusammen. Das mache ich. Ich glaube, was Menschen spüren, ist, dass sie sicher sind bei mir. Dass sie wissen, die ist immer für uns da, auch wenn sie nicht da ist.

Milan Peschel Steffi Kühnert
Regie: Andreas Dresen
Impressum