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Gespräch mit Andreas Dresen

Andreas Dresen am Set

Regie und Stoffentwicklung

Verfilmen Sie Tabubrüche? Vor drei Jahren war es die Liebe in den Zeiten des Alters, nein falsch, das ist natürlich eine Frage der Perspektive: also in den Zeiten der verlorenen Jugend. Jetzt ist es das Leben in einer Situation, da von einem Augenblick auf den anderen nur noch eines gewiss ist: der Tod.

Tabus zu brechen, interessiert mich nicht. Allerdings verschont einen das Leben selbst wohl eine Zeit lang mit bestimmten Dingen, das wäre dann eine Art positives Tabu. Mein Vater ist vor zehn Jahren gestorben, auch an einem Hirntumor. Aber sonst ist mir der Tod – vielleicht meiner Generation der jetzt bald Fünfzigjährigen – noch nicht allzu taktlos nahe getreten. Doch plötzlich häuften sich die Todesfälle in den Familien meines Freundeskreises. Er schien also näherzukommen.

Mag sein, ich hatte auch eine besondere Empfänglichkeit dafür, weil es mir gerade nicht sehr gut ging. Doch der Punkt ist, dass es eine Gemeinsamkeit in all diesen Berichten gab: Irgendwann, das sagten fast alle, gab es da einen Moment, der beinahe schön gewesen ist, voller Frieden. Eigentlich war es der Moment des Sterbens selbst.

Voller Frieden im maximalen Unfrieden des Menschen mit seinem Schicksal, im Angesicht des Unzumutbaren?

Genau. Und das vor allem, wenn die Betroffenen zu Hause gestorben sind. Cooky Ziesche – mit ihr zusammen nähere ich mich solchen Themen am liebsten – und ich fingen dann an, Filme zu sehen, die vom Sterben und Tod handeln.

Sie wollten nachschauen, ob es den Film schon gab, den Sie drehen würden?

Natürlich. Aber er war nicht dabei. In den meisten Filmen ist der Tod ja doch nur der Vorwand für etwas anderes. Etwa für eine Reise ans Meer.

Wie entstand der Film?

Ganz aus der Bewegung heraus, ohne lange Planung. Im Juni kamen die Schauspieler dazu und wir entwarfen zusammen die Figuren, entwickelten den groben Ablauf der Geschichte.

Zurück zur Anfangsszene ...

... die ich nur der Vollständigkeit halber wollte. Ich hatte an diesem Tag durchaus absichtsvoll eine sehr gedeckte Stimmung verbreitet. Jeder sollte ganz zurückgeworfen sein auf sich. So haben Milan Peschel und Steffi Kühnert Uwe Träger erst vor laufender Kamera kennengelernt. Der erste Take dauerte 40 Minuten und ich war erschüttert. Es war absurd, ich stand da, die Tonangel überm Kopf haltend, und es ging mir wie Steffi: mir kamen die Tränen; ich habe selten beim Drehen so extrem empfunden. Ich wusste, dass der Film so anfangen würde. Diese Mischung aus einer großen Sachlichkeit und Empathie bei diesem Arzt! Und die langen Pausen, die er gelassen hat! Wie er den anderen Raum gegeben hat! Ich muss zugeben, ich hatte vor, den ersten Take über- wiegend auf ihn zu drehen, weil ich gedacht hatte, er wird das nur einmal richtig gut machen.

Aber dann sah ich, dass das falsch war.

Warum falsch?

Weil die Schauspieler die ganze Wucht der Szene abkriegen wie wir ja auch. Ich habe also mitten in der Einstellung zu meinem Kameramann gesagt, er soll auf Milan und Steffi gehen. Der zweite Take hatte dann Uwe Träger frontal im Bild, und mit dem dritten beginnt der Film, es war wieder die Einstellung auf Steffi und Milan, aber wir versuchten, es optisch besser zu machen. Zum Glück war er wieder so stark, und dann kam auch noch der reale Telefonanruf, genau an dieser höchst sensiblen, heiklen Stelle ... Ich weiß auch nicht, wer für uns dieses Drehbuch geschrieben hat.

Wie ist es Ihnen gelungen, die Home-Care-Ärztin Petra Anwar für diesen Film zu gewinnen?

Die Anwar kommt wie ein Engel in diesen Film, nicht wahr? Aber sie wollte nicht. Und wenn man sie sieht, weiß man, was es bedeutet, wenn diese Frau etwas nicht will. Aber wir haben sie gezwungen. Durch Ausdauer und sanfte Unnachgiebigkeit. Darüber bin ich so glücklich.

Steffi Kühnert und Milan Peschel haben noch nie zusammen gearbeitet, Sie haben noch nie mit Milan Peschel gearbeitet. Wie sind Sie auf beide gekommen?

Ich habe gewusst, dass sie die Richtigen sind. Sie sind beide so absolut konkret, noch in kleinsten Reaktionen, und zugleich so verspielt. So gefühlvoll, und doch jenseits aller Sentimentalität.

Milan Peschel Steffi Kühnert
Regie: Andreas Dresen
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